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1989-2012: die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät heute

Berufungen und Abgänge seit 1992

Nach einem schwierigen Umwälzungsprozess, galt es das Ziel „internationaler Wettbewerbsfähigkeit“ weiter umzusetzen. Mit Hilfe von Werner Hildenbrand von der Universität Bonn, der das Angebot nach Berlin zu wechseln ablehnte, jedoch seinen Habilitanden Härdle in seinen Reformbemühungen unterstützte, konnte schon 1993 ein neuer Sonderforschungsbereich „Quantifikation und Simulation ökonomischer Prozesse“ sowie das Graduiertenkolleg „Angewandte Mikroökonomik“ eingerichtet werden. Dies erlaubte den einzelnen Instituten bei einem gemeinsamen Projekt zusammenzuarbeiten und „die Verbindungslinien zwischen betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Theorie“ auszunutzen, wie Wulff Plinke als erster Dekan (1993-1995) bei seiner Eröffnungsrede betonte.

Die Struktur- und Berufungskommission plante ursprünglich, die Fakultät mit 31 Professorenstellen zu besetzen. Diese Zahl wurde allerdings niemals erreicht. Gegenwärtig ist die Fakultät mit 20 Professuren und 6 Juniorprofessuren ausgestattet. Ein Hauptproblem in den 1990er Jahren betrifft die Belastung durch Einsparungen und Haushaltssperren, besonders dramatisch in den Jahren 1997 und 2003. Für die Humboldt-Universität bedeutete dies 1997 Einsparungen in Höhe von ca. 50 Mio. DM und 2003 Einsparungen in Höhe von ca. 30 Millionen Euro. Folge war, dass bis ins Jahr 2001 Professuren vakant blieben und es Kürzungen bei Sachmitteln wie Büchern gab (Krause 1996: 10). Helmut Lütkepohl (Dekan 1998-2000) verließ deshalb die Humboldt-Universität im Jahr 2001 und wechselte an das European University Institute in Florenz. Vor diesem Hintergrund wurde es in verstärktem Maße notwendig, Drittmitteln und Stiftungsprofessuren zu akquirieren.

Neben den finanziellen Einschnitten waren auch bürokratische Hürden dafür verantwortlich, dass Professoren der Humboldt-Universität den Rücken kehrten. So verlies 2007 Harald Uhlig die Fakultät und ging an die University of Chicago. Davor hatte sich Uhlig mehrmals kritisch zu den Bedingungen an deutschen Hochschulen im Allgemeinen geäußert. Professoren seien zu sehr mit administrativen Tätigkeiten belastet. Ähnlich empfand es Ernst Maug, der 2006 an die Universität Mannheim wechselte: „Für mich war es das Schwierigste, dass die Uni nicht mehr in der Lage war, überhaupt verbindliche Zusagen zu treffen und einzuhalten.“ (Jaedtke, Merten 2006: 5). 2001 ging Werner Güth an das Max Planck Institut.

In den 90er Jahren stieg mit ausgeweiterter Anwendung internationaler Forschungskriterien der Veröffentlichungsdruck in führenden Fachzeitschriften. Dies wirkte sich zunehmend negativ auf die Zusammenarbeit der Lehrstühle aus. War die Zusammenarbeit der Lehrstühle in den 90er Jahren noch sehr gut, wie Burda (Dekan 2002-2004) und Stehle mit Hinweis auf dem gemeinsamen Sonderforschungsbereiches betonten, so zogen sich zunehmend Lehrstühle hiervon zurück, um sich auf ihren eigenen Forschungsbereich zu konzentrieren. Ein fakultätsweites Seminar, das die Lehrstühle der Betriebs- wie der Volkswirtschaftslehre miteinschließt, gibt es im Gegensatz zu den 90er Jahren nicht mehr.

Viele Professoren „der ersten Stunde“ erreichten in den letzten Jahren das Rentenalter. Schmerbach erklärt hierzu: „2012 läutet sich ein Generationenwechsel ein, viele neue Professoren kommen an die Fakultät. Im Lichte der globalen Finanzkrise ist zu erwarten, dass sie differenzierter gegenüber den gängigen wirtschaftlichen Modellen eingestellt sind.“ (persönliches Gespräch) So gibt es zum Beispiel verstärkte Forschungen im Bereich „Behavioral Economics“, mit dem sich Georg Weizsäcker vom Institut für „Mikroökonomische Theorie und ihre Anwendungen“ beschäftigt.

Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin ist im Jahre 2014 auf Platz 138 eines weltweiten Rankings aller Institute der Wirtschaftswissenschaft (IDEAS), und im Handelsblattranking 2013 auf Platz 10 aller deutschsprachiger Fakultäten. Damit liegt sie hinter Frankfurt, Köln, Bonn, Mannheim, München auf Platz sechs innerhalb Deutschlands. Für Ostdeutschland hat die Fakultät damit ihre Führungsrolle wie in den Jahrzehnten zuvor bestätigt.