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1810-1882: Der Lehrstuhl für Kameral- und Staatswissenschaften

Das Königlich Preußische Statistische Bureau

Das Königlich Preußische Statistische Bureau wurde 1805 gegründet, kurz darauf von den Franzosen geschlossen, und 1810 wieder eröffnet. Das statistische Buero war nicht nur ein erster Schritt zur Professionalisierung wirtschaftlicher Administration, sondern hat auch wesentlich zu der Modernisierung des preußischen Staates wie zum Übergang zur konstitutionellen Monarchie beigetragen. Durch die Personalunion des Direktors des Bureaus und den Staatswissenschaften an der Universität herrschte eine feste Verbindung zwischen den beiden Institutionen. Über ihren Zweck schrieb Johann Gottfried Hoffmann, der erste Direktor, Folgendes:

„Dieses Bureau hat den Zweck, Materialien zur Kenntniß der Kräfte des preußischen Staates mit möglichster Vollständigkeit zu sammeln und dergestalt zu ordnen, dass sämmtliche Oberbehörden daraus jederzeit mit Leichtigkeit eine Uebersicht der gegenwärtigen Staatskräfte und der Wirkung, welche einzelne Begebenheiten und Anordnungen auf die Vermehrung oder Verminderung derselben äußern, erhalten können.“ (in Inama-Sternegg 1880: 3)

Statistik war zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine deskriptive Tätigkeit, und nicht von theoretischen Überlegungen getragen (Desrosieres 2005: 200). Sie diente nicht der Erklärung, sondern der Beschreibung der Gesamtheit der Bevölkerung und ihrer wirtschaftlichen Ausübungen. Mit Voranschreiten des 19. Jahrhunderts und den wirtschaftlichen Strukturveränderungen wuchs der Aufgabenbereich des Bureaus, das zunehmend mit anderen statistischen Ämtern in anderen deutschen Staaten verbunden war.

Auf diesem Hintergrund gründete der deutsche Statistiker, Sozialökonom und damalige Direktor des Büros Ernst Engel 1860 die statistische Zentralkommission, welche die verschiedenen Zweige in der Preußischen Verwaltung bei statistischen Erhebungen besser vernetzen soll. Zwei Jahre später ruft er zusätzlich ein Seminar zur Weiterbildung von Verwaltungsbeamten in der Statistik ins Leben (Meier 1959: 500f.) Die Aufgabe des Seminars war es vorwiegend, Regierungsassessoren in der Anwendung der Statistik aus- und weiterzubilden.

Mit Ernst Engel war die Statistik nicht nur Teil der Verwaltung des öffentlichen Haushalts, sondern wurde zur Methode sozialwissenschaftlicher Erklärungen, wie sie auch später im Historismus eingefordert werden sollte. Obwohl mit Engel 1860 die Personalunion von Staatswissenschaft und Führung des statischen Bureaus aufgehoben wurde, dieser also nie Professor an der Berliner Universität war, trug Engel wesentlich zur Institutionalisierung der Wirtschaftswissenschaften in Berlin bei. Dieser Einfluss geschah auch über dem Nachfolger Dietericis, Georg Hanssen (1809-94), der der Auflösung der Personalunion zustimmte. Georg Hanssen sollte 1870 von Adolph Wagner, einem der Seminargründer abgelöst werden.

Kurz vor dem Abgang Ernst Engels 1882 sei laut dem Historiker Max Lenz die Tätigkeit der Mitglieder des statistischen Büros ins Stocken geraten (Lenz 1910: 270). Diese Entwicklungen der wachsenden Nachfrage nach statistischen Übungen und des schwindenden Angebots seitens des statistischen Büros wurden zu einer der Grundlagen der Argumentation zur Einrichtung eines staatswissenschaftlich-statistischen Seminars an der Friedrich-Wilhelms-Universität.