Schon vor 1933 grassierte der Antisemitismus unter den Studenten der Berliner Universität. So war der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) 1931 mit 60% die stärkste Kraft bei ASTA-Wahlen (Bühnen und Schaarschmidt 2005: 149). Mitglieder des NSDStB griffen jüdische Studenten öffentlich an und riefen zum Boykott von Vorlesungen „undeutscher“ Professoren auf (Jarausch 1995: 8). Dieses Klima wurde auch von Treitschkes „wissenschaftlichen“ Antisemitismus angeheizt (Ibid.: 5f.). Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es zu Schikanen gegen nicht-arische Kommilitonen (Bühnen und Schaarschmidt 2005: 155). Am deutlichsten wurde dies bei der von der Deutschen Studentenschaft durchgeführten „Aktion wider den undeutschen Geist“, die am 13. April mit dem Aushang von 12 Thesen begann. These 5 war: „Der Jude kann nur jüdisch denken. Schreibt er deutsch dann lügt er.“ (in Wintgens 2006: 24). Die Aktion wurde von der Studentenschaft selbst geplant und ausgeführt.
Mit dem „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ wurde eine Rassenquote für Immatrikulationen festgelegt. Im Paragraph 4 heißt es: „Bei den Neuaufnahmen ist darauf zu achten, daß die Zahl der Reichsdeutschen, die (…) nicht arischer Abstammung sind, unter der Gesamtheit der Besucher jeder Schule und jeder Fakultät den Anteil der Nichtarier an der reichsdeutschen Bevölkerung nicht übersteigt.“ (RGBl 1933 Ia: 225). Die Quote wurde auf 1,5 Prozent festgelegt und sollte so schnell wie möglich erreicht werden (Bühnen und Schaarschmidt 2005: 155). Aus diesem Anlass wurden die sogenannten Ariernachweise eingefordert. Dabei wurden jüdische Studenten mit arischen Eltern oder mit Vätern im Frontdienst bevorzugt und zum Studium zugelassen. So wurde der jüdische VWL Student Manfred Juel 1934 auf Grund des Fronteinsatzes seines Vaters zum Studium zugelassen (vgl. Anhang 1, Anhang 2). Die Zulassungsbedingungen wurden aber im Laufe der Zeit zunehmend erschwert. Ab 15. April 1935 war die Promotion für nicht-arische Studenten nicht mehr möglich. Am Staatswissenschaftlich-Statistischen Seminar kam es 1937 zu einer der letzten Promotionen eines Juden an der Universität. Arnold Horwitz promovierte 1937 über Preistheorie und Preisentwicklung. Einer der Gutachter mit starkem Einfluss auf die NS-Behörden, von Stackelberg, ermöglichte die Promotion (Rückl 2005: 125, Möller 1992: 22). Dies war jedoch das einzige Indiz für judenfreundliche Maßnahmen am Seminar.
Ab April 1938 wurden Nicht-Arier nicht mehr zum Studium zugelassen (Jarausch 1995: 10). So wurde der Student der Staatswissenschaften, Friedrich Albrecht, „jüdischer Mischling I“, auf Grund Großväter jüdischer Abstammung und „stark ins Auge fallender jüdischen Züge“ (Anhang 3, 4) vom Rektor persönlich von der Universität abgelehnt. Im Juli 1939 kam es zum endgültigen Verbot jüdischer Studenten, wobei zu diesem Zeitpunkt ohnehin die überwältigende Mehrheit schon die Universitäten verlassen hatte.
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| Quelle: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz |
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