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1933-1945: Nationalsozialismus

Jens Jessen

Jens Peter Jessen war als Dekan und Verfasser des offiziellen nationalsozialistischen Lehrbuchs der wichtigste Berliner Ökonom zur Zeit des Nationalsozialismus. Jessen war Nationalsozialist erster Stunde. Er prägte stark die völkische Wirtschaftslehre, wurde aber auch für seine Auslegung des Führerprinzips von der NS-Führung gerügt (Schlüters-Ahrens 2001: 58). Auf Grund seiner zunehmenden Skepsis gegenüber dem Regime schloss er sich dem Widerstand um Stauffenberg an und wurde 1944 hingerichtet.

Jessen wurde am 11. Dezember 1885 in Stoltel an der dänischen Grenze geboren. Nach freiwilligen Kriegseinsatz studierte er ab 1917 Staatswissenschaften an der Kieler Universität bei Berhard Harms, einem Vertreter der historischen Schule. Er promovierte an der Universität Kiel 1920 mit der Dissertation Die Entstehung und Entwicklung der Gutswirtschaft in Schleswig- Holstein bis zum Beginn der Agrarreform. Noch im gleichen Jahr verfasste er eine Dissertation in den Rechtswissenschaften mit dem Thema Der Handelskauf nach nordischem Recht. Jessen erachtete es bereits frühzeitig für wichtig, eine enge Verbindung zwischen der Wirtschaftswissenschaft und der Rechtswissenschaft herzustellen, wie sie später im Nationalsozialismus relevant wurde. Nach einem sechsjährigen Auslandsaufenthalt in Kopenhagen und Argentinien, kehrte er 1928 nach Deutschland zurück und habilitierte sich noch im selben Jahr an der Universität Göttingen mit der Arbeit Die Agrarprobleme in Argentinien (Schlüters-Ahrens 2001).

Jessen setzte sich ab etwa 1930 mit der nationalsozialistischen Bewegung auseinander. In dieser Zeit lernte er auch den späteren Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Bernhard Rust kennen. Jessen arbeitete für die Reichsleitung in der Organisationsabteilung II, später Wirtschaftspolitische Abteilung in München, dann Hauptabteilung IV. (Bundesarchiv, Personalakte Jessen, Bl. 4690) Bernhard Rust schrieb über sein Rolle in diesem Amt: „der damalige Privatdozent hatte den Mut, im preußischen Staatsdienst (...) als Nationalsozialist zu wirken und zu gelten.“ (Bundesarchiv, Personalakte Jessen, Bl. 9126) Als Jessen 1933 von der Stelle des Leiters des Instituts für Weltwirtschaft und Seeverkehr in Kiel erfuhr, schrieb er an Rust:

„Ich halte es für dringend erforderlich, eine Stätte zu schaffen, an der die Sozial- und Wirtschaftslehre des Nationalsozialismus ein zentrales Studium findet. Da ich derjenige bin, der den Nationalsozialismus wissenschaftlich an den deutschen Hochschulen in die Literatur eingeführt hat und ihn im Unterricht als zeitlich weitaus erster die ihm gebührende Betrachtung verschafft hat, so glaube ich dass die oben angedeutete Aufgabe mir übertragen werden sollte.“ (GStA PK: Briefe Jessen: 177)

Jessen fühlte sich berufen, den Nationalsozialismus auf die Wirtschaftswissenschaft zu übertragen (Jessen 1931). So schrieb Andreas Predöhl, Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät in Kiel, in einem Brief vom 28.5.1933 an Minister Rust anlässlich der Stelle als Institutsleiter, dass es Jessen vermag, die nationalsozialistische „Bewegung wissenschaftlich zu erfassen und in ihrer Idee und praktischen Zielen systematisch darzulegen und zu erklären.“ Im Mai 1933 wurde er an das Kieler Institut als ordentlicher Professor berufen, wo er jedoch nur ein Jahr bleiben konnte. Er wurde gegen ihn wegen Verleumdung eines Mitgliedes der Reichsregierung eine polizeiliche Untersuchung eingeleitet, wonach am 4. August 1934 die Zwangsversetzung als Professor für Staatswissenschaften an die Universität Marburg erfolgte.

Im April 1935 wurde Jessen als Ordinarius für Staats- und Wirtschaftswissenschaften an die Handelshochschule Berlin berufen. Er beteiligte sich aktiv an der Studienreform im Rahmen der „Richtlinien für das Studium der Wirtschaftswissenschaften“. In enger Anlehnung an die politischen Ziele dieser Neuordnung gab Jessen in Zusammenarbeit mit Wiskemann die Reihe Grundzüge der Rechts- und Wirtschaftswissenschaft heraus. In dieser Reihe verfasste er „eine Einführung in das völkische und wirtschaftliche Leben der Gegenwart“ (Heiber 1991-1994). Sein hieraus entstandenes Lehrbuch Volk und Wirtschaft von 1936 sollte nach amtlichem Erlass eine grundlegende Einführung der Wirtschaftswissenschaften darstellen, und wurde auch in Berlin als das grundlegende Lehrbuch für Studienanfänger verwendet.

Die allgemeine Diskussion der völkischen Ideologie nehmen in dem Lehrbuch großen Raum ein. „Beides, das Nationale und der Sozialismus, lässt sich auf das Völkische zurückführen.“ (Jessen 1936: 81) Jessen versteht Volk als Rasse. Es seien die „Erkenntnisse der anthropologisch-biologischen Wissenschaft, die die nationalsozialistische Auffassung vom Volke von blutsmäßigen Gesichtspunkten ausgehen lassen“ (Jessen 1936:81). Er gliedert das deutsche Volk in sechs Rassen, wobei die nordische Rasse „die einzig dauerhafte Grundlage des Volkes und damit auch der Bewegung des Nationalsozialismus (ist). (…) Die nordische Rasse wird in der Bereitschaft zur Unterordnung, zur Treue und Aufopferung, in der Ausprägung des heldischen, der Willensstärke, des Ehrgefühls und des Gemeinsinns erblickt.“ (Jessen 1936: 82) Die Zukunft des deutschen Volkes sieht Jessen darin, dass „die Bevorzugung der Menschen dieser Rasse und der Wille zu ihrer planmäßigen Züchtung („Aufordnung“) (erfolgen muss und dabei) das gemeinsame Ziel (...) die Verhinderung jeder weiteren hemmungslosen Rassenvermischung, insbesondere mit ‚Gegenrassen’ ist.“ (Jessen 1936: 83)

Wenn auch die Wirtschaft im Auftrag des Volkes steht, so besteht keine inhaltliche Verbindung zwischen Nationalsozialismus und Wirtschaft. Jessen schreibt, dass „die Verbindung der Betrachtung des völkischen Daseins mit der Wirtschaft [kaum] verteidigt zu werden [braucht, denn auch für den Nationalsozialismus bleibt] die Wirtschaft der Weg der materiellen Verwirklichung völkischen Daseins.“ (Jessen 1936: 10) Dennoch finden wirtschaftlichen Begriffe Eingang in die Bestimmung des Judentums:

„Der Jude ist zunächst besonders verderblich geworden durch das Einbringen des reinen Händlers, dessen hauptsächlicher Vertreter der Jude ist, in die Erzeugung, die er zum käuflichen, besser handelbaren Scherobjekt macht. Der Jude ist der Vertreter des anonymen Kapitals, das sich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einschiebt und jene innere Entfremdung hervorruft, die zur späteren politischen Klassenbildung überleitet. Auf dem Umwege über die Börse wird der Jude zum ‚Kontrolleur der nationalen Arbeitskraft’. Seine Herrschaft ist die Verfälschung, die ‚Überfremdung der Volksindividualität.’“ (Jessen 1936: 84)

Das völkische Denken ist für Jessen das Kriterium, was die nationalsozialistische von der klassischen Volkswirtschaftslehre abgrenzt (vgl. Jessen 1937: 12ff.). Die nationalsozialistische Parole Gemeinnutz vor Eigennutz wurde auf diese Weise rassistisch fundiert (Janssen 2000:116). Die Grenzen zwischen Antisemitismus und Kritik am Liberalismus, nicht zum ersten Mal in der Geschichte, verschwimmen deutlich.

Jessen charakterisiert das Judentum aber nicht nur im Zusammenhang des Liberalismus, sondern auch des Marxismus. Er stellt den Marxismus als jüdische Weltverschwörung dar. So erfindet

„das Judentum [...] als Stütze seiner Herrschaft eine doppelte Organisation für die Masse in der Gewerkschaft und in der politischen Bewegung, die aber beide eine Einheit mit gleichem Ziel bilden (…) Durch die kategorische Ablehnung der Persönlichkeit, der Nation und ihres rassischen Inhalts, mit seiner Anbetung der Masse zerstört das Judentum die elementaren Grundlagen der gesamten menschlichen Kultur, die gerade von dieser abhängig ist. Mit der Zertrümmerung der Persönlichkeit und der Nation fällt das wesentlichste Hindernis für die Herrschaft der Minderwertigen – diese aber sind die Juden. [So war] bereits vor dem Kriege die Frage der Zukunft der deutschen Nation die Vernichtung des Marxismus, so ergab sich daraus auch schon der Kampf gegen das Judentum.“ (Jessen 1936:85)

Jessen zeichnet die jüdische Verschwörung als eine Bewegung, die vom Eigensinn getrieben ist und den Marxismus benutzt, um ihre Ziele durchzusetzen. Dadurch stellt Jessen in Volk und Wirtschaft eine unmittelbare Verbindung zwischen Wirtschafts- und Rassenideologie her. Die nationalsozialistische Ideologie ist hier eine ökonomische.

Jessen widmet der sogenannten qualitativen Bevölkerungspolitik in seinem Lehrbuch ein ganzes Kapitel, und spricht sich für die Euthanasie aus. Für Jessen geht es hierbei um „die Unterdrückung des erbkranken und asozialen Nachwuchses und die Bevorzugung der erbgesunden und rassisch wertvollen Familien“ (1936: 105). Er nimmt dabei in Kauf, dass Individuen vernichtet werden, um nicht selbst durch die „Unterwanderung durch fremde Völker und Rassen [...] zugrunde [zu] geh[en].“ (Jessen 1936: 106). Die enge Verbindung zwischen wirtschaftlicher und nationalsozialistischer Ideologie findet sich später nicht wieder.

Trotz der Tatsache, dass Jessens Lehrbuch die bisher am konsequenteste Anwendung der nationalsozialistische Ideologie auf die Wirtschaftswissenschaft war, entfachte die Veröffentlichung des Lehrbuches einen Streit um die Person Jessens. Das Buch durfte erst in zweiter, überarbeiteter Auflage erscheinen. Laut dem Hanseatischen Verlag, der das Buch veröffentlichen sollte, lag der Unmut der Partei in Jessens Interpretation des Führungsprinzips begründet:

„Die Beanstandung der NS- Kommission gehen dahin, dass in einer Reihe von Fällen nicht nur in einzelnen Formulierungen, sondern auch in dem Gesamtausdruck eine objektivierende, wissenschaftliche Haltung zum Ausdruck kommt, die überall da, wo sie Fragen der Partei bzw. der Verbindung von Partei und Staat berührt, nicht die Anerkennung der Partei finden kann. So müsse beispielsweise das Parteiprogramm als Gesamtheit und in seinen Einzelformulierungen unbedingt der Diskussion, insbesondere in studentischen Seminaren, entzogen sein. Auch die Person des Führers, bzw. seine Äußerungen dürfen nicht in der erfolgten Form als Zeuge angerufen werden.“ (Bundesarchiv, Personalakte Jessen, Bl. 9058)

Der Verlag sah die Notwendigkeit, direkt nach der Erscheinung des Buches mehr als 500 Exemplare „in unauffälliger Form aus dem Buchhandel“ zurückzuziehen (Ibid.) Es wurde seitens des Verlags beschlossen, eine neue revidierte Auflage herauszubringen, die 1936 erschien. Vermutlich ebenfalls auf Druck der NS-Führung, also dem Amt Rosenberg, wurden Zitate Hitlers zur Rassenlehre eingefügt (Schlüters-Ahrens 2001:50; S.113ff.).

Nach Erscheinen wurde im Völkischen Beobachter, das publizistische Parteiorgan der NSDAP, das Werk von Ottokar Lorenz kritisiert:

„In diesen Ausführungen kommt der ganze Dünkel jener Menschen zum Ausdruck, die sich niemals damit abfinden können, dass es eine lebendige Schöpferkraft der Tat gibt, die mehr ist als die Schöpfung theoretischer Gehirne.“ (Schlüters-Ahrens 2001: 57)

Die NSDAP verhielt sich zögerlich gegenüber einer Abhängigkeit gegenüber einer theoretischen Fundierung ihrer politischen Ideen. Unter dem Primat der Politik wird selbst ein nationalsozialistischer Intellektualismus zum Regimefeind. Die Auswirkungen einer solchen Rezension waren konkret: bis zur Veröffentlichung des Buches war Jessen, unterstützt von Finanzminister Popitz, für die Position des Rektors der Berliner Handelshochschule im Gespräch – Gespräche, die mit dem Aufsehen um sein Buch beendet waren. Für Jessen kam es durch die Ablehnung und Rezension seiner wissenschaftlichen Arbeit zum Zerwürfnis mit der Partei (Schlüters-Ahrens 2001: 59ff).

Zum Sommersemester 1936 erfolgte eine Versetzung Jens Jessens an die Berliner Universität, wo er, erneut gefördert durch Johannes Popitz, geschäftsführender Direktor des Staatswissenschaftlich-Statistischen Seminars werden sollte. Dazu wurde aber aufgrund der Unruhe, die durch sein Lehrbuch entstanden war seine NSDAP Mitgliedschaft überprüft. Diese ergab, dass Jessen trotz gegenteiliger Angabe nie schriftlich in die Partei eingetreten war. Erst nach positiver Stellungnahme, unter anderem von Otto Wagener und Popitz, wurde Jessen drei Jahre später, im Februar 1939, Leiter des Seminars.

Zusätzlich zu seiner Position an der Berliner Universität, arbeitete Jessen in der Akademie für Deutsches Recht, wo er mit seinem Kollegen Heinrich von Stackelberg und anderen Ökonomen an Entwürfen für eine erneute Reform des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums arbeitete. Im Jahr 1940 übernahm er die Leitung deren Klasse IV, welche für die Erforschung der völkischen Wirtschaft und die Neuordnungspläne der Nachkriegszeit zuständig war.

In seinen späteren Schriften behandelt Jessen den Rassismus gesondert von der Wirtschaftslehre. Er bezieht sich in den rassistischen Ausführungen auf die Thesen anderer (auf Hans F.K. Günther oder Max Hildebert Boehm, den führenden „Ethnologen“ des NS-Regimes, oder direkt auf Hitler) (Jessen 1936: 82-84). Er verteidigte zunehmend die Unabhängigkeit der Wirtschaftswissenschaft und weigerte sich, den von den Nazis beschworenen „Willen“ ungeprüft vor jede Vernunft zu stellen. Denn ein zusammenhangsloses Nebeneinander von Wollen und Wissen, so Jessen, habe das Volk immer noch teuer bezahlt. Er führt aus: „ohne die Ratio kann eben doch niemand auskommen.“ (Jessen 1941: 374f)

Wirtschaftspolitik wurde für Jessen Ordnungspolitik ohne für die Ziele des Staates eingesetzt zu werden. Er erläutert, dass der Wettbewerb durch einen starken Staat garantiert werden sollte, in dem eine Wirtschaftsverfassung lediglich den Ordnungsrahmen für einen möglichst störungsfreien Wirtschaftablauf festlegt (Jessen 1942: 381f). So griff er ordoliberale Gedanken auf, indem er für „echte Marktwirtschaft“, „einen vollständigen Wettbewerb“ und „Wettbewerbspreise“ eintritt und „die frische Luft des Wettbewerbs“ beschwört. Er zitiert dabei zustimmend Boehms Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung. (Ibid.: 283; für die Ursprünge des Ordoliberalismus im Nationalsozialismus siehe Rieter und Schmolz 1993)

Als im März 1943 die wirtschaftswissenschaftliche Abteilung, die Klasse IV, der Akademie des Deutschen Rechts aufgrund geringer Wertschätzung der Partei geschlossen wurde, trafen sich Jessen und einige andere Mitglieder (darunter auch Stackelberg) in der Arbeitsgemeinschaft Erwin von Beckerath weiter. Die Arbeitsgemeinschaft Erwin von Beckerath war ein privater Kreis deutscher liberaler Ökonomen, die 1943 und 1944 Konzepte für eine Wirtschaftsordnung für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entwarfen. Die Überlegungen dieser Gruppe flossen nach dem Krieg in die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft ein. Jessen lud eine Reihe von Wissenschaftlern jeglicher Richtungen ein, darunter auch Constantin von Dietze, Graf Yorck von Wartenburg, Walter Eucken, Erich Preiser, sowie den Rechtswissenschaftler Franz Böhm. (Schlüters-Ahrens 2001: 76) In dieser Arbeitsgemeinschaft etablierte Jessen ein oppositionelles wirtschaftliches Forum, deren Arbeitsresultate nicht mehr im Dienste der Nationalsozialisten, sondern der freien wissenschaftlichen Forschung standen. Die Arbeitsgemeinschaft entwickelte sich auf diese Weise faktisch zum Kreis des Widerstands im Sinne der freien Wissenschaft. Jessen nahm darüber hinaus an der Mittwochsgesellschaft teil, ein seit 1863 bestehender privater Kreis für eine freie wissenschaftliche Diskussion, die sich ebenfalls mehr zu einem Widerstandskreis entwickelte.

Obwohl er in der theoretischen Forschung seinen Kollegen unterlegen war, schätzte er die mathematische Wirtschaftstheorie und glaubte an eine den wirtschaftlichen Abläufen innewohnende Logik. So sagte er auch im Hinblick auf Stackelbergs Arbeiten:

„Was diese reine Theorie auf dem Gebiet der Preistheorie, der Lehre von den Marktformen usw. geleistet hat, stellt eine beträchtliche Förderung der Erkenntnis der Zusammenhänge der Wirtschaft dar. Was diese Arbeit bedeutet, war denjenigen am unbekanntesten, die sie später am stärksten herabzusetzen suchten.“ (in Schlüters-Ahrens 2001: 154)

Jessen entwickelte sich in den letzten Kriegsjahren zu einem aktiven Mitglied der Widerstandsbewegung. Paul Fechter, selbst in der Mittwochgesellschaft, schrieb rückblickend über Jessen:

„In seinem Gefühlen gegenüber den früheren Männern des Dritten Reiches traf er sich mit von Hassell und ging noch wesentlich über ihn hinaus. Es gab Gespräche mit Jessen, die an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig ließen und mit KZ nicht mehr abzumachen gewesen wären.“ (Fechter 1948: 407)

Sein Widerstand ging so weit, dass er, nachdem er zum Abteilungsleiter im Passamt beim Generalquartiersmeister des Heeres Eduart Wagner in Berlin 1941 eingesetzt wurde, Widerständlern illegal Reisemöglichkeiten organisierte. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944, wurde Jessen am 7. November vom Volksgerichtshof wegen „Nichtanzeige eines hochverräterischen Unternehmens“ zum Tode verurteilt und am 30. November 1944 in Plötzensee erhängt (Abb. 3.2).

Jens Peter Jessen
Quelle: Familienalbum der Familie Jessen
(commons.wikimedia.org)